Corona-Krise und die Folgen: Belastungen für Alleinerziehende besonders gravierend

Düsseldorf/Gütersloh, 6.4.2020 – Angst um die Gesundheit, Kontaktverbote, unsichere Arbeitsverhältnisse, geschlossene Kitas: In Corona-Zeiten leidet die besonders verletzliche und belastete Gruppe der Alleinerziehenden und ihre Kinder sehr unter den sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen. Verstärkte Beziehungsprobleme, finanzielle Sorgen, Zukunftsängste erhöhen das Risiko psychosozialer Beeinträchtigungen und psychosomatischer Erkrankungen für Alleinerziehende überproportional. Daher ist es wichtig, dass Ärzte, Jugendämter und Kommunen diese Risikogruppe im Auge behalten und Hilfen anbieten – vor allem auch nach den medizinischen und wirtschaftlichen Corona-Herausforderungen.

Studien belegen: Aufgrund der komplexen und etwa bei der Hälfte der alleinerziehenden Mütter jahrelang anhaltenden multiplen Belastungen bestehen bei ihnen erhöhte Häufigkeitsraten für chronische psychosomatische Erkrankungen, Schmerzen, Befindlichkeitsstörungen und psychische Störungen. Vor allem Depressionen, Angststörungen, Rauchen oder Substanzmissbrauch treten bei alleinerziehenden Müttern zwei- bis dreimal so häufig auf wie bei Müttern in Partnerschaften.

Erhöhtes Risiko auch für Kinder

Die Probleme der Alleinerziehenden, verstärkt durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie, erhöhen auch das kindliche Risiko psychischer Belastungen. Nicht nur das Corona-bedingte Kontaktverbot kann Kindern zusätzlich zu schaffen machen. Psychosoziale Beeinträchtigungen und Problemverhalten, hervorgerufen durch elterliche Überforderung, Konflikte oder eingeschränkte Elternkompetenzen, können für Kinder bis ins spätere Erwachsenenleben Konsequenzen haben.

Hinzu kommt: Streitende Eltern, denen nach der Trennung nicht daran gelegen ist, dass ihr Kind einen guten Kontakt zum anderen Elternteil hält, haben im Corona-Virus einen willkommenen Grund gefunden, um den Umgang auszusetzen. Wehren können sich betroffene Väter und Mütter dagegen derzeit kaum: Sowohl Gerichte als auch Jugendämter sind bundesweit derzeit praktisch kaum handlungsunfähig.

Ob die Sorge vor Covid-19 nun begründet oder vorgeschoben ist: Für Kinder kann fehlender Kontakt zum Vater oder zur Mutter gravierende Folgen haben. In einer ohnehin unsicheren Situation verunsichert es sie noch mehr, wenn sie einer Bezugsperson, die sie bisher regelmäßig gesehen haben, nicht mehr nahe sein können.

Ambulante und stationäre Hilfen für Alleinerziehende durch „wir2“

Über die staatliche Unterstützung, die Alleinerziehende nutzen können, informiert der Verband alleinerziehender Väter und Mütter auf seiner Startseite (https://www.vamv.de/vamv-startseite) zeitnah und ausführlich – beispielsweise über Entschädigungsansprüche für den Verdienstausfall infolge Kita- und Schulschließungen, den Notfall-Kinderzuschlag (Notfall-KiZ), Wohngeld oder vorübergehend erleichterte Bedingungen zum Bezug von SGB II-Leistungen.

„Es ist wichtig, die betroffene Risikogruppe gerade jetzt zu unterstützen und auch nach der Corona-Krise mögliche Folgen im Auge zu behalten“, sagt Prof. Matthias Franz vom Universitätsklinikum Düsseldorf. Er hat mit seinem Team an der Universitätsklinik Düsseldorf ein mehrfach ausgezeichnetes Unterstützungsprogramm für belastete Alleinerziehende entwickelt: das Elterntraining „wir2“ (www.wir2-bindungstraining.de): wohnortnah, mit Kinderbetreuung und für Alleinerziehenden kostenlos. Die Walter Blüchert Stiftung verbreitet es bundesweit. Derzeit wird eine Online-Version mit weniger Sitzungen für ein interaktives Videoportal erarbeitet.

Für psychosomatisch erkrankte Alleinerziehende wird von den Celenus-Kliniken Schömberg und Bad Elster ergänzend das stationäre Programm „wir2Reha“ angeboten: als sechswöchiger Klinikaufenthalt in der psychosomatischen Rehabilitation – einschließlich begleitender Betreuung für drei bis zwölfjährige Kinder. Der allgemeine Aufnahmestopp gilt für die Schömberger Rehabilitationsklinik nicht.

Fazit: Nicht nur jetzt in Corona-Zeiten, sondern auch danach ist es für unsere Gesellschaft wichtig, dass Ärzte, Jugendämter und Kommunen die wachsende Gruppe der psychosozial belasteten Alleinerziehenden im Auge behalten, Unterstützungsbedarf erkennen und sich auch für die Nutzung bereitstehender neuer Hilfsangebote stark machen.

Kontakt:

Prof. Dr. Matthias Franz
Klinisches Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Düsseldorf
Tel. 0211-81.18338
E-Mail: matthias.fanz(at)med.uni-duesseldorf.de

Anita Offel-Grohmann
Walter Blüchert Stiftung
Tel. 05241-17949-19
E-Mail: anita.offel-grohmann(at)walter-bluechert-stiftung.de