Fathia ist angekommen – ein Porträt
Erfolgreicher Bildungsweg! Der Newsletter „Adam`s Ecke“ des Dortmunder angekommen-Projektes stellt die 22-jährige Fathia Oufoul vor: Sie hat an unserem Programm teilgenommen, den Realschul-Abschluss in Deutschland gemacht und gerade ihre Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin abgeschlossen und wurde sofort in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen. Wie hat sie das geschafft? Markus Bräuer vom angekommen-Team hat mit ihr gesprochen. Hier sein Interview.
Fathias Geschichte
Ich treffe Fatiha Oufoul an einem strahlenden Spätsommer-Nachmittag auf dem Schulhof vom Projekt „angekommen“. In der Sonne sind es noch locker 30 Grad, Fatiha trägt ein weißes Kopftuch und ein beiges Kleid. Ob ihr nicht heiß sei, frage ich sie. „Nein, überhaupt nicht. Das ist ja ein weißes Kopftuch.“
Wir starten unser Interview auf einer der bunten Holzbänke und zuerst fällt mir ihr fließendes Deutsch auf. Ohne Zögern purzeln die Worte aus ihr heraus und das, obwohl sie erst seit 5 Jahren in Deutschland lebt.
Schulabschluss – erst in Italien, dann in Deutschland
Wo hat sie so gut Deutsch gelernt? „Im Projekt „angekommen“, erklärt Fatiha. Nicht in der Schule? „Ja, schon, aber das hat mir nicht gereicht. 2017 war ich in einer Internationalen Förderklasse am Fritz-Henßler-Berufskolleg. In meiner Klasse waren viele Schüler*innen, die erst noch die lateinische Schrift lernen mussten. Da blieb nicht so viel Zeit zum Deutsch lernen. Ein Lehrer hat mich dann zu Adam’s Corner geschickt. Dort habe ich nacheinander alle Deutsch-Kurse belegt.“
Für den Schulabschluss brauchte Fatiha die deutsche Schule eigentlich nicht, denn bereits in Italien hatte sie einen Realschulabschluss gemacht. Aber bis der in Deutschland anerkannt wurde, hatte sie bereits einen deutschen Realschulabschluss in der Tasche. „Das hat sich gezogen, weil da noch ein paar Unterlagen fehlten.“
Mit 17 Jahren von Bergamo nach Dortmund
Warum ist Fatiha eigentlich nach Deutschland gekommen und aus welchem Land? Ursprünglich kommt Fatiha aus Italien, wo sie mit ihren vier Brüdern und ihren Eltern, die aus Marokko nach Italien eingewandert waren, in Bergamo lebte. Als Fatiha 17 Jahre alt war, wanderte die Familie nach Deutschland aus. „Mein Vater hat in Italien als Maurer gearbeitet, aber irgendwann gab es dort keine Arbeit mehr für ihn. Schon 2 Jahre vorher, als ich noch in der 8. Klasse war, hat die Lehrerin zu uns gesagt, dass sie hoffe, die Krise würde sich bessern. Sonst gäbe es bald keine Arbeit mehr in Italien. Leider ist es genau so gekommen.“
Auch ich muss jetzt umziehen, denn in der Schulhofsonne wird es mir zu heiß. „Wenn Sie möchten“, lächelt Fatiha. Trotz Kopftuch hätte sie es da offenbar noch lange ausgehalten und überhaupt scheint sie nicht so empfindlich zu sein. Heute Morgen hat sie bis 6.00 Uhr gearbeitet, doch dazu später mehr. Erstmal wechseln wir hinüber zur Sitzbank mit dem Schachbrett und flüchten uns in den Schatten eines Lindenbaums.
Frau Mira hat geholfen
Fatiha berichtet mir von ihrem Start in Deutschland und dass es am Anfang für sie in Dortmund anstrengend war: „Ich hatte keine Freunde und kannte die Sprache nicht.“ Das änderte sich aber, als Fatiha mit dem Projekt „angekommen“ in Berührung kam. „Im Freizeitraum vom Projekt habe ich neue Leute kennengelernt. Viele Schüler:innen dort konnten arabisch, aber ich nicht. Und deshalb habe ich da immer Deutsch gesprochen. Das hat mir sehr geholfen, die Sprache zu lernen.“ Das wiederum machte es für Fatiha leichter einen Ausbildungsplatz zu finden.
Mira Lotz, alias Frau Mira, wie sie häufig von den Schüler*innen im Projekt genannt wird, ist die Schulsozialarbeiterin am Projekt. Sie ist mit dafür verantwortlich, dass Fatiha seit den letzten drei Jahren weniger Zeit für den Freizeitraum hatte, denn vor 3 Jahren hat sie ihr geholfen, einen Ausbildungsplatz zu finden. „Mira hat mit mir eine Bewerbung an das Klinikum Dortmund geschickt. Die haben mich genommen und so konnte ich eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin machen.“
Schichtdienst am Klinikum Dortmund
Im August hat Fatiha ihr Examen bestanden; und das Klinikum Dortmund war so zufrieden mit der 22-Jährigen, dass es sie sofort in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen hat. Der Beruf macht Fatiha, die eigentlich mal Architektin werden wollte, viel Freude, trotz Schichtdienst. Heute, am Tag des Interviews, hat sie gerade drei Nachtdienste von 21 Uhr bis 6.30 Uhr hinter sich. „Das macht mir nichts aus. Die Arbeit ist sehr interessant und anspruchsvoll. Da bleibst du wach.“ Aktuell arbeitet Fatiha auf der Station für Neuro-Intensiv-Patienten. „Hier darfst du als Krankenpflegerin sehr eigenständig arbeiten. Die Ärzte verordnen eine Menge und in diesem Rahmen, dürfen wir entscheiden, was notwendig ist und die Patient*innen selbständig versorgen. Das ist viel Verantwortung, aber dass die Arbeit so anspruchsvoll ist, macht sie sehr interessant.“
Auch heute noch im Freizeitraum oder beim Frauensport
Wenn es Fatihas Zeit zulässt, kommt sie noch heute ab und an auf Besuch in den Freizeitraum oder zum Frauensport. „Dann quatsche ich mit Farida oder Mira oder den Leuten, die ich hier noch von früher kenne. Das Tolle im Freizeitraum ist, dass du da Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturen triffst. Hier hörst du immer wieder neue Geschichten aus anderen Ländern.“ Noch immer hält Fatiha Kontakt zu ihren Freunden aus Bergamo aus ihrem früheren Leben. Nach Deutschland zu kommen hat sie bisher nicht bereut.
Und hier geht´s zur kompletten Ausgabe Nr. 13 des Newsletters „Adam´s Corner“.