Schulalltag heute: Neue Wege sind gefragt!

Was eine Lehrkraft in NRW zu leisten hat, steht im Schulgesetz. Der Bildungs- und Erziehungsauftrag in § 2 umfasst eine lange Auflistung der gesetzlich definierten Ziele: Es geht um Menschlichkeit, Demokratie und Freiheit, um „Erziehung zu Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen, zur Verantwortung für Tiere und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen…“ und so weiter  und so weiter.

Ach ja, nicht zu vergessen: Natürlich soll die Schule „die zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen“ vermitteln – und dabei die individuellen Voraussetzungen ihrer Schützlinge berücksichtigen. Der Bildungsauftrag ist klar. Nur: Wie lassen sich die gesetzlichen Vorgaben einhalten, wenn das Personal fehlt?

Massiver Fachkräftemangel – Bildungsgipfel enttäuscht

Deutschlands Schulen leiden unter massivem Fachkräftemangel. Das ist auch das Ergebnis des Deutschen Schulbarometers, das im Januar veröffentlich wurde. Im Auftrag der Robert Bosch Stiftung waren diesmal die Schulleitungen zur aktuellen Lage befragt worden. Besonders dünn ist die Personaldecke an Grundschulen – und das bereits seit Jahren, Tendenz steigend! Zusätzlich belasten Leistungsdefizite, Chancenungleichheit, schleppende Digitalisierung, marode Gebäude – auch bundesweit – den Schulalltag, um nur einige der „Dauer-Baustellen“ aufzuzählen.

Wer sich angesichts der vielfältigen Herausforderungen vom Berliner Bildungsgipfel im März Problemlösungen versprochen hatte, wurde enttäuscht: Der Apell von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zur besseren Zusammenarbeit und die Ankündigung einer Task-Force-Gründung helfen in der angespannten Lage nicht weiter. Die Chance, durch einen Nationalen Bildungsgipfel einen grundlegenden Reformprozess im Bildungswesen einzuleiten, wie ein Zusammenschluss mehrerer Stiftungen, Verbände und Gewerkschaften gefordert hatte, ist vertan.

Lösungsansätze im außerschulischen Bereich

Dass es für keines der Probleme, allem voran für den Lehrkräftemangel, eine schnelle Lösung gibt, liegt auf der Hand. Dr. Dagmar Wolf, Leiterin des Bereichs Bildung der Robert Bosch Stiftung, regt an, die aktuelle Personalnot an den Schulen durch weniger bürokratischen Aufwand zumindest etwas zu lindern: beispielsweise bei der Anstellung von Unterstützungsfachkräften in der Verwaltung, von pädagogischen Assistenzkräften oder ausländischen Lehrkräften.

Interessant ist: Auch die Bundesbildungsministerin blickt auf den außerschulischen Bereich und hebt die Gestaltungskraft der Kommunen vor Ort hervor sowie das Engagement der Zivilgesellschaft. Die personelle Notlage bietet die Chance, neue Wege zu gehen.

Unsere Pilotprojekte: in der Praxis bewährt

Bei uns in der Walter Blüchert Stiftung entwickeln wir bereits seit mehr als zehn Jahren konkrete Lösungsansätze für gesellschaftliche Problemlagen – insbesondere im Bildungsbereich – und testen die Konzepte in mehreren Pilotprojekten. Dabei haben wir mehrfach den Schulsektor im Blick.

Im Integrationsprogramm angekommen in deiner Stadt kooperieren wir mit dem NRW-Schulministerium und mehreren Kommunen. Das Projekt fördert junge Geflüchtete mit maßgeschneidertem, an Biografie und Leistungsstand orientiertem Unterricht für einen schnellen Schulabschluss und den Start ins Berufsleben. Gewährleistet wird dieses durch eine kontinuierliche Begleitung und Betreuung an einem festen und sicheren Ort – auch nach dem Unterricht und in den Ferien.

Bei unserem was geht!-Programm stehen unsere Mentoren-Teams Jugendlichen an Realschulen und Berufskollegs zur Seite, so dass sie ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können. Das Pilotprojekt hilft Schülerinnen und Schülern dabei, ihre Stärken und Talente zur Wirkung zu bringen sowie den passenden Bildungs- und Berufsweg zu finden.

Und mit dem Projekt gut:gehen bieten wir in der Region Unterstützung für Grundschulkinder der 2. bis 4. Klasse an. Die mit Methoden der Theaterpädagogik durchgeführten Kurse ermöglichen es den Kindern, spielerisch an sich zu arbeiten, um gestärkt durch den Alltag zu gehen. Das Mitmach-Angebotes fördert das Selbstbewusstsein und die Konzentrationsfähigkeit der Kleinen, so dass sie mehr Grundvertrauen und Stabilität gewinnen.

Erfolgsfaktor Motivation

Bei allen Projekten erfahren wir immer wieder, wie wichtig das persönliche Engagement der Lehrerinnen und Lehrer, der Schulleitungen sowie der kommunalen Partner ist, um Erfolge zu erzielen. Auch OECD-Studien bestätigen, was wir bei unserer Projektarbeit im schulischen Umfeld erleben: Entscheidend für ein positives Miteinander und letztendlich für den Lernerfolg sind Motivation und Zugewandtheit, die das Selbstvertrauen der Kinder und Jugendlichen stärken.

Aus unserer Sicht ist durchaus vorstellbar, dass der Schulbetrieb von der Unterstützung durch „multiprofessionelle Teams“ profitieren würde, wie vom VBE und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft empfohlen: beispielsweise mit Gesundheitsfachkräften, IT-Administratoren, Schulsozialarbeitern und Sozialpädagogen, mit Psychologen oder auch Integrationshelfern.

Trotz aller Widrigkeiten – vom Personalmangel bis zu maroden Schultoiletten: Viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer geben jeden Tag ihr Bestes, damit Schule auch in extremen Mangel-Situationen funktioniert. Kein leichter Job für alle, die ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag ernst nehmen! Ihnen wünschen wir: Bleiben Sie zuversichtlich! Suchen Sie sich Mitstreiter für neue Wege! Gute Nerven und viel Erfolg weiterhin!

Ihr

Gunter Thielen