Integrationsgipfel – und dann?

11.03.2021 Zwischenruf von Prof. Dr. Gunter Thielen

Es war der letzte Integrationsgipfel dieser Bundesregierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Integrations-Staatsministerin Annette Widmann-Mauz trafen sich mit rund 120 Vertreterinnen und Vertretern aus Bund, Ländern, Kommunen, Migrantenorganisationen und Wirtschaft – digital, versteht sich.

Am 9. März ging es um „Zusammenwachsen“ und „Zusammenhalt“, die Phasen 4 und 5 des Nationalen Aktionsplans Integration. Mehr als einhundert konkrete Maßnahmen enthält dieser Plan. Und jedes „Kernvorhaben“ verfolgt das Ziel, Integration auf allen Ebenen und Lebensbereichen systematisch voranzutreiben und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

Fern der Realität

Und die Realität? Sie ist weit entfernt davon, sehr weit.Immer mehr Menschen leben in Parallelgesellschaften, sind keineswegs in Deutschlands Gesellschaft angekommen. Sie wollen lieber unter sich bleiben, lassen sich nicht integrieren.

Wundern darf uns das nicht. Wer möchte schon – von wem auch immer – integriert werden? Es geht doch darum, dass die Menschen, die ihre Heimat verlassen haben und nach Deutschland kommen, hier die Chance erhalten, ihren Platz, ihr neues Zuhause zu finden. Und wir können und müssen ihnen dabei helfen, unser Land, unsere Sprache, unsere Gebräuche und Sitten, unsere Regeln kennen zu lernen und zu verstehen.

Fakten statt Floskeln

Im Programm angekommen in deiner Stadt, ein Kooperationsprojekt unsere Stiftung mit dem NRW-Schulministerium und mehreren Kommunen, legen wir besonderen Wert darauf, bei den jungen Geflüchteten Sprachkenntnisse zu fördern, sie mit dem Leben in ihrer Stadt vertraut zu machen und ihnen bei Alltagsproblemen zu helfen. Ganz wichtig auch: der Kontakt zu deutschen Jugendlichen. Der persönliche Austausch fördert nicht nur den Spracherwerb, sondern auch das gegenseitige Verständnis. Die Corona-Einschränkungen haben daher auch die angekommen-Jugendlichen besonders hart getroffen.

Bringt uns der Nationale Integrationsplan in Deutschland voran? Eher nicht, fürchte ich. Die Ansammlung bürokratischer Floskeln bewegt nichts. Bessere Beratungsangebote werden empfohlen, ein runder Tisch zur Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüsse, spezielle Auszubildendenkurse für die Integration in den Arbeitsmarkt. Gibt es das nicht bereits vielerorts?

Unsere Stiftung fördert im Projekt hochform gemeinsam mit der Deutschen Universitätsstiftung ausländische Akademiker, gibt ihnen Orientierungshilfe, damit sie ihr Studium in den MINT-Fächer erfolgreich zum Abschluss bringen können. Mit unserem Projekt neustart helfen wir Arbeitslosen – ganz gleich welcher Nationalität –, in der Arbeitswelt ihren Platz zu finden. In unserer Azubi-Initiative durchstarten in die Ausbildung begleiten Mentoren die Jugendlichen – oft mit Migrationshintergrund – bei der Lehrstellensuche; und die Stiftung unterstützt die Ausbildungsbetriebe dann bei der Finanzierung.

Mein Eindruck: Deutschland braucht weder Konferenzen, Diskussionen, runde Tische, Papiere oder Aktionspläne. Wäre es nicht effektiver, die Verantwortlichen vor Ort direkt mit finanziellen Mitteln zu unterstützen, so dass sie konkrete Projekte fördern können?! Nicht reden, sondern machen! Fakten statt Floskeln!

Mit mehr als 100 Maßnahmen will die Bundesregierung – so beim Integrationsgipfel beschlossen – die Integration von Zuwanderern in Deutschland fördern, etwa beim Spracherwerb oder im Berufsleben. Wir dürfen auf die Ergebnisse gespannt sein. „Es ist eine Daueraufgabe, die alle betrifft“, heißt es im Bericht der Integrations-Experten. Das stimmt.

Ihr
Gunter Thielen