Mentoring in Pandemie-Zeiten – ein Erfahrungsbericht

Was haben wir durch Corona gelernt? In unserem Projekt durchstarten in die Ausbildung sind derzeit drei Mentoren ehrenamtlich im Einsatz. Rainer Dohle, Bernd Seelemeyer und Heinz Willikonsky unterstützen Jugendliche im Kreis Gütersloh, die Hilfe bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz benötigen. Auch während der gesamten Ausbildungszeit halten die Drei Kontakt zu den Azubis und zu den Lehrbetrieben. In Zeiten von Corona war das nicht einfach! Wir fragten unsere  Ehrenamtler nach ihren Erfahrungen.

(v.l.) Bernd Seelemeyer, Heinz Willikonsky, Rainer Dohle

„Online sind die Hürden erheblich höher!“

Es liegt auf der Hand: Corona hat auch unsere Mentoren vor große Herausforderungen gestellt. Das Lehrstellenangebot ging deutlich zurück – nicht bei den großen Unternehmen in Gütersloh, aber bei den kleineren Betrieben. Die lokalen Ausbildungsmessen fielen aus. „Online sind die Hürden auch für die Lehrstellen-Vermittlung erheblich höher“, berichtet Rainer Dohle. „Digitale Präsentationen im Internet können den persönlichen Kontakt nicht ersetzen! Auch für uns als durchstarten-Mentoren war die Suche nach Ausbildungsplätzen mühsamer als zuvor.“

„Meine Kontakte zur Zumbusch-Gesamtschule haben während der Corona-Zeit gar nicht stattgefunden“, erklärt Heinz Willikonsky. Erst jetzt, im September, kann er wieder die Gespräche mit den Jugendlichen aufnehmen, die im nächsten Jahr die Schule verlassen werden, und ihnen eine Unterstützung bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle anbieten.

Kaum Praktika möglich

Mentor Bernd Seelemeyer ergänzt: „In der Pandemie, die uns Einschränkungen in fast allen Bereichen des Lebens abverlangt hat, musste auch ich mich anpassen. In dieser Zeit lief die Kommunikation ausschließlich über Telefon und Internet. Das war gerade für mich, der das direkte persönliche Gespräch liebt, am Anfang nicht einfach.“  

Für die Mentoren war nicht nur der Kontakt zu den Jugendlichen erschwert, sondern auch die Zusammenarbeit mit den Ausbildungsbetrieben. So ergab sich während des Lockdowns und auch später oft keine Möglichkeit, die äußerst wichtigen Praktika zu vereinbaren. 

Das Verhalten der jungen Menschen, so hat es Bernd Seelemeyer erlebt, habe sich in Zeiten der Pandemie nur wenig verändert: Wer vor Corona schon eine große Lernbereitschaft mitbrachte, der habe auch in der Pandemie durchgehalten; und wer vorher unmotiviert war, sei es geblieben – ganz gleich, ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Rainer Dohle hat da andere Erfahrungen gemacht: „Besonders die jungen Leute mit Migrationshintergrund zeigen einen noch höheren Grad an Lernbereitschaft und Kommunikation“, merkt er an.

Handlungsbedarf – gleich mehrfach

Was ist zu tun, um den Corona-Folgen mit erschwerter Kommunikation, Lernrückständen etc. entgegenzuwirken? Unsere Mentoren sind sich einig: Wichtig sind nach wie vor Sprachkurse und Berufsvorbereitungsklassen in den Berufskollegs. „Verbindliche Praktika wären aus meiner Sicht zusätzlich hilfreich“, so Dohle.

Er weist auch auf die Leistungen der sozialen Einrichtungen hin – wie zum Beispiel der Diakonie: „Sie tragen in hohem Maße dazu bei, den jungen Menschen mit Migrationshintergrund durch Kurse, persönliche Beratung und Hilfen bei Alltagsproblemen und Wohnungssuche die Integration zu erleichtern.“

Bernd Seelemeyer sieht Handlungsbedarf bei allen, die ausbilden können: Sie sollten ihre Bemühungen noch intensivieren und insbesondere verstärkt über die verschiedenen Berufe informieren. „Dass es 324 Ausbildungsberufe gibt und besonders das Handwerk dringend Nachwuchs benötigt, muss den Schülerinnen und Schülern der Abschlussklassen besser vermittelt werden“, so Seelemeyer’s Überzeugung.

Seine Anregung für die Politik und die Gesetzgebung: Verbesserung beim SGB ll bei der Verrechnung der Ausbildungsvergütungen. Bei Paragraf 11, der die Berücksichtigung von Einkommen regelt, sollte die Ausbildungsvergütung aus der Anrechenbarkeit gestrichen werden, sodass den Azubis der volle Betrag zur Verfügung steht.