Zukunfts-Chancen eröffnen – aber wie?

Durch Bildungsarbeit, Betreuung und Mentoring möchte die Walter Blüchert Stiftung Zukunfts-Chancen eröffnen und Menschen in die Gesellschaft einbinden. Wie sie diese Ziele in ihren Programmen konkret verfolgt, schildert Prof. Dr. Gunter Thielen in einem Gastbeitrag in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „philanthropie und stiftung“.

Gastbeitrag

Walter Blüchert Stiftung
Chancen für Einzelne als Chancen für die Gesellschaft

Gastbeitrag von Prof. Dr. Gunter Thielen in „philanthropie und stiftung“ (2/2023)

Menschen in schwierigen Lagen zu unterstützen – das ist das Anliegen der Walter Blüchert Stiftung, ganz im Sinne ihres Stifters Walter F. Blüchert (1920 – 2007). Dem Verleger und Finanzmakler war Hilfe für notleidende Menschen ein wichtiges Anliegen, und so stellte er schon zu Lebzeiten die Weichen für eine Stiftung.

Die Walter Blüchert Stiftung möchte Menschen befähigen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und ihre persönlichen Potenziale zu entwickeln. Das Spektrum ihres Engagements reicht von der Förderung besonders herausgeforderter Grund-, Sekundar-, Förder-, Real- und Berufsfachschüler:innen, Hilfe für Auszubildende und junge Geflüchtete bis hin zur Unterstützung von Langzeitarbeitslosen, Akademiker:innen mit Fluchtstatus sowie Alleinerziehenden.

Indem sie gemeinsam mit Partnern Modellprojekte entwickelt, fördert und verbreitet, möchte die Stiftung nachhaltig zu gesellschaftlichen Veränderungen beitragen. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Seit der Gründung 2012 sind die Stiftungsprogramme insgesamt mehr als 15.000 Menschen zugutegekommen.

Resilienz als Querschnittsthema

Ein wesentliches Anliegen der Stiftung ist, die Resilienz junger Menschen zu fördern. Für dieses Querschnittsthema sprechen vor allem drei Gründe: Zum einen ist Resilienz, psychische Widerstandskraft, elementar für ein gesundes Aufwachsen und Erwachsenenleben. Zum anderen sind die Chancen, Resilienz zu entwickeln und mental gesund zu bleiben, in Deutschland sehr ungleich verteilt. Darüber hinaus findet mentale Gesundheit hierzulande noch zu wenig Beachtung. Die Corona-Pandemie hat all dies wie unter einem Brennglas verdeutlicht.

Daher startete die Stiftung 2021 das Mitmach-Programm „gut:gehen“ für Grundschüler:innen. Es soll dazu beitragen, Lebensfreude, Selbstbewusstsein und Konzentrationsfähigkeit zu stärken und die Beziehung zu sich selbst und anderen zu fördern. gut:gehen begleitet Grundschulkinder der 2. bis 4. Klassen. In kleinen Gruppen werden sie einmal pro Woche für 90 Minuten von einem Zweierteam aus theaterpädagogischen Fachkräften betreut. Die Spiele und Übungen bestehen aus Elementen wie Bewegung, Tanz, Schauspiel und Musik.

Im 2. Schulhalbjahr 2022/23 wurde gut:gehen vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) evaluiert. Der Bericht beschreibt eindrücklich die Wirkung des Programms: Die teilnehmenden Kinder haben sich nicht nur neues Wissen und neue Fähigkeiten angeeignet, sondern sie verhalten sich auch anders. Zudem haben sich die Lebenslage in der Schule und die Kommunikation mit Kindern und Erwachsenen nachweislich verbessert.

Eigene Potenziale entfalten

Das neueste Programm im Portfolio der Stiftung ist „kreativraum“, dasim Schuljahr 2023/24 in einer Pilotphase an Gütersloher Grundschulen gestartet ist. Im Rahmen des Offenen Ganztags werden bei kreativraum Workshops in verschiedenen Interessensfeldern angeboten. Sie sind als Ausprobier-Angebote mit einem hohen Lebenswelt-Bezug angelegt. Anders als oft üblich – und in klarer Abgrenzung zum Schulunterricht – sollen die Teilnehmenden durch persönliche Erlebnisse und Erfahrungen Zugang zu den Themen finden.

Im Sinne der Chancengerechtigkeit soll das Programm Kinder darin unterstützen, ihre Stärken, Talente und Interessen zu erkennen und weiterzuentwickeln. kreativraum soll ein langfristiges Lern- und Kreativ-Angebot für Kinder der Jahrgangsstufen 3 und 4 sowie der Sekundarstufe I schaffen.

Ausgebaut und weiterentwickelt wurde in den vergangenen Jahren das Programm „was geht!“. In verschiedenen Kommunen in Nordrhein-Westfalen bietet es berufliche Orientierungshilfe für Realschüler:innen sowie für Jugendliche von Berufsfachschulen Typ 2 an Berufskollegs. Es soll ihnen helfen, ihre Potenziale und Stärken zu entfalten und erfolgreich in die berufliche Zukunft zu starten. Ziel ist, dass möglichst viele Schüler:innen fit werden für den Arbeitsmarkt – oder sich für den nächsthöheren Schulabschluss qualifizieren können.

Barrieren überwinden

Auch im Programm „angekommen in deiner Stadt“ stehen Jugendliche im Fokus: Es unterstützt junge Geflüchtete und Zugewanderte zwischen 16 und 25 Jahren, die in Deutschland einen Schulabschluss machen und einen Beruf erlernen wollen. Das Programm startete 2015 in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Bildung des Landes NRW. angekommen hat zwei Säulen: maßgeschneiderter, an Biografie und Leistungsstand orientierter Unterricht für einen schnellen Schulabschluss sowie Start in eine Berufsausbildung bei kontinuierlicher Begleitung und Betreuung an einem festen und sicheren Ort – auch nach dem Unterricht und während der Ferien.

Ebenfalls an Geflüchtete wendet sich „hochform“, ein nachhaltig wirksames Programm, das naturwissenschaftliche Akademiker:innen mit Fluchtstatus mit persönlichem Eins-zu-eins-Coaching durch ein Zusatz-Studium begleitet. Das Programm hilft ihnen, Barrieren zu überwinden, so dass sie in kürzester Zeit einen qualifizierten Abschluss machen können und gerüstet für den deutschen Arbeitsmarkt sind. Als Kooperationsprojekt wurde hochform gemeinsam von der Walter Blüchert Stiftung und der Deutschen Universitätsstiftung entwickelt.

Jugendliche, die Hilfe bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz benötigen, finden im Programm durchstarten Unterstützung durch Mentor:innen. Diese suchen in Gesprächen mit ihren Mentees nach persönlichen Stärken sowie möglichen Ausbildungsberufen. Die Mentor:innen stehen den Jugendlichen bei Bewerbungen zur Seite und haben auch während der Ausbildung Kontakt zu den Auszubildenden und den Lehrbetrieben. Die Walter Blüchert Stiftung beteiligt sich an den Ausbildungskosten.

Menschen, die zurück ins Arbeitsleben möchten, stehen im Zentrum des Programms neustart. Seit 2019 stabilisiert es (langzeit-)arbeitslose Menschen für die erfolgreiche Aufnahme einer Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt. Zudem soll es Personen unterstützen, die unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht sind, weil sie ihren gelernten Beruf nicht länger ausüben können. Voraussetzung ist, dass sich die Interessent:innen in einer vom Jobcenter oder Dritten geförderten, abschlussorientierten Nachqualifizierung befinden. Auch dieses Konzept bietet ein begleitendes Mentoring an.

Selbstbewusstere Menschen, gestärkte Familien

Erwachsene und Kinder werden im Programm „wir2“ unterstützt: Das bindungstheoretisch fundierte Elterntraining hat Alleinerziehende mit Kindern bis zu zehn Jahren im Fokus, denen es schwer fällt, den belasteten Alltag als Alleinverantwortliche zu bewältigen. Es wurde an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf entwickelt. Im ambulanten Setting umfasst es 20 Workshop-Sitzungen; innerhalb von Mutter/Vater-Kind-Kuren wird wir2kompakt und innerhalb einer sechswöchigen Reha wird wir2Reha in Zusammenarbeit mit der Deutschen Rentenversicherung angeboten. wir2 soll dazu beitragen, dass Alleinerziehende Selbstbewusstsein und Stärke gewinnen und es den Familien dadurch besser geht. Es wird kontinuierlich evaluiert und wird bundesweit verbreitet.

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Allen Programmen der Walter Blüchert Stiftung ist eins gemein: Sie möchten Menschen in ihren Kompetenzen, ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Resilienz stärken, so dass diese Barrieren leichter überwinden und Krisen besser durchleben können. Durch Bildungsarbeit, Betreuung und Mentoring möchte die Stiftung Zukunfts-Chancen eröffnen und Menschen in die Gesellschaft einbinden. Denn jede Chancen für eine:n Einzelne:n ist gleichzeitig ein Gewinn für unsere Gesellschaft.

Die vollständige Ausgabe von „philanthropie und stiftung“ als Download finden Sie unter https://www.deutsche-universitaetsstiftung.de/pus/0223/