Sommer, Sonne, Urlaub, eine entspannte Zeit mit der Familie, ganz ohne Stress.

So wünschen wir uns das – vor allem nach den Einschränkungen, die uns die Pandemie beschert hatte.

Wobei: Stressfrei ist der Start in diese Aus-Zeit meist nicht: Endspurt im Job und in der Schule, dazu die Urlaubsvorbereitungen wie Ausweise prüfen, Reiseapotheke sortieren, neue Badesachen für die Kinder besorgen (die vom Vorjahr sind zu klein), Koffer packen, Proviant und Spiele für unterwegs, Kühlschrank und Mülleimer leeren, Schlüssel zu den Nachbarn (wegen der Blumen) …

Unbezahlte Sorgearbeit: Frauensache

Meist sind es die Mütter, die einen Großteil dieser unbezahlten „Sorgearbeit“ leisten. Sie kümmern sich ja auch sonst ums Einkaufen, um gesunde Ernährung, passende Kleidung, Versicherungs- und Behörden-Post. Sie organisieren Arztbesuche, das Sport- und Musik-Programm der Kinder – inklusive Fahrdienste –, natürlich auch Treffen mit Spielkameraden und selbstverständlich Geburtstagsfeiern plus Kuchen für die Kita oder Schulklasse der Kleinen, auch Geschenke und Mitbringsel für Oma und Opa, Onkel und Tanten und den Freundeskreis. Dazu: Haushalt und Job.

Studien belegen: Frauen leisten durchschnittlich mit über vier Stunden täglich anderthalb Mal so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer. Kein Wunder, dass für viele Mütter nur Teilzeit-Arbeit in Frage kommt.

Gleichberechtigte Teilhabe nicht gegeben

„Nach wie vor ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen, etwa am Arbeitsmarkt, nicht gegeben“, konstatiert das Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“. Ihm gehören 26 Mitgliedsorganisationen an, unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), das Zukunftsforum Familie und, ja, auch das Bundesforum Männer.

Aktuelle Forderung dieser Bündnispartner an die Gleichstellungsministerien von Bund und Land: Rahmenbedingungen schaffen, die eine gerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern ermöglichen. Denn, so die Argumentation des Sorgearbeit-Bündnisses, „die verstärkte Übernahme familialer Sorgearbeit durch Männer stärkt die Teilhabemöglichkeiten von Frauen, knüpft auch an die Wünsche vieler Väter an und trägt insgesamt zur Gleichstellung bei“. 

Lösungsansätze

Was muss sich dringend ändern, damit Frauen und insbesondere Alleinerziehende weniger benachteiligt sind? Es sind vor allem Ein-Eltern-Familien, die mit der täglichen Organisation ihres Alltags zu kämpfen haben, kaum Zeit für sich finden und oft an ihre Grenzen stoßen.

Ein Ansatz, der Entlastung verspricht, könnte eine qualitativ hochwertige Umsetzung des Ganztagsförderungsgesetzes sein. Dafür macht sich der VAMV gemeinsam mit mehr als dreißig Verbänden stark.  Denn trotz der Fortschritte beim Ausbau von Betreuungs- und Ganztagsplätzen  in den vergangenen Jahren übersteigt die Nachfrage das Angebot deutlich.

Projekte wie „Sonne, Mond und Sterne“

Auch ergänzende Kinder- und Notfallbetreuung ist eine Möglichkeit, Alleinerziehende – zu 90 Prozent Frauen – zu entlasten. Gemeinsam mit dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV) hatte die Walter Blüchert Stiftung von 2014 bis 2017 drei Modellprojekte für flexible Kinderbetreuung finanziert: frühmorgens oder spätabends, also vor und nach Kita-Öffnungszeiten. Das Ergebnis der Evaluation: Zusätzliche Betreuungsangebote tragen zur Stabilisierung des Alltags der Alleinerziehenden bei und haben positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Einelternfamilien.

Mit dem Projekt „Sonne, Mond und Sterne“ in Essen zum Beispiel kann der VAMV-Landesverband Nordrhein-Westfalen bis heute erfolgreich Betreuungslücken schließen. Zehn Alleinerziehende erhalten so die Chance zur Ausbildung oder Erwerbstätigkeit.

„wir2“ stärkt Alleinerziehende und ihre Kinder

Die Mehrzahl der Ein-Eltern-Familien meistert ihren Alltag. Aber nicht allen gelingt es, den Erfordernissen von Beruf, Haushalt, Kinderbetreuung und Sorgearbeit gerecht zu werden. Auch knappe Finanzen, der Kampf um Unterhalt erschweren den Alltag. Es droht die Gefahr, dass die Belastungen zu einem Gesundheitsrisiko werden.

Bevor es zu Burn-out, Suchtproblemen, Angststörungen oder Depressionen kommt, kann das Präventions-Programm wir2 helfen, das wir mit unserer Stiftung fördern. Es trägt dazu bei, seelische Belastungen und gesundheitliche Risiken Alleinerziehender zu reduzieren sowie elterliche Kompetenzen zu stärken. Ergänzt wird dieses Angebot durch das Projekt wir2Reha. Es bietet Unterstützung an, wenn der Aufenthalt in einer Reha-Klinik erforderlich wird – derzeit in der Schwarzwälder CELENUS Klinik Schömberg sowie in der MEDIAN Klinik im sächsischen Bad Gottleuba.

Corona-Folgen entgegenwirken

Es waren auch die Alleinerziehenden und ihre Kinder, die ganz besonders unter den massiven Corona-Einschränkungen gelitten haben. Der DAK Kinder- und Jugendreport 2023 hat dazu im Mai alarmierende Zahlen veröffentlicht: Mehr Angststörungen, mehr Depressionen, mehr Essstörungen müssen in Kliniken behandelt werden. UNICEF warnt: Kinder und Jugendliche könnten die Corona-Auswirkungen auf ihre mentale Gesundheit noch jahrelang spüren. Von einer „Mental-Health Pandemie“ ist die Rede.

Um einen Beitrag zur Überwindung von Corona-Nachwirkungen zu leisten, hat unsere Stiftung frühzeitig das Mitmach-Programm gut:gehen gestartet. Es begleitet Grundschulkinder der 2. bis 4. Klassen und zielt darauf ab, psychosozialen Beeinträchtigungen entgegenzuwirken. Spielerisch werden Selbstbewusstsein, Konzentrationsfähigkeit und die Lebensfreude der Kinder gestärkt.

Gemeinsam mehr bewegen!

Unsere Projekte zeigen: Wir sind auf dem richtigen Weg, Lösungsansätze für aktuelle gesellschaftliche Probleme zu entwickeln. Ob für belastete Alleinerziehende und ihre Kinder, für junge Geflüchtete, für Schülerinnen und Schüler beim Übergang ins Berufsleben, für Langzeitarbeitslose: Wir bieten Menschen in Notlagen und Umbruchsituationen Unterstützung an. So können Chancen für den Einzelnen zu einem Gewinn für die Gesellschaft werden.

Ich lade Sie herzlich ein: Lassen Sie uns in Zukunft gemeinsam aktiv werden! Denn mit Kooperationspartnern und Aktionsbündnissen lässt sich deutlich mehr bewegen als mit einzelnen Projekt-Initiativen.

Ihr

Gunter Thielen